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Digitaler Produktpass ab 2027

Was Unternehmen über den digitalen Produktpass wissen müssen

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22 Okt 2025

Was Unternehmen über den digitalen Produktpass wissen müssen

DPP, Verwaltungsschale und Digitaler Zwilling – der
Praxisleitfaden für den Mittelstand

Es ist Montagmorgen in einer deutschen Produktionshalle. Zwischen dem Duft von Kaffee
und dem Surren der Maschinen steht ein neuer Kollege, der weder Blaumann noch
Sicherheitsschuhe trägt: der Digitale Produktpass (DPP). Er kommt nicht mit einem
Werkzeugkoffer, sondern mit einem QR-Code und dem Versprechen, die Industrie für immer
zu verändern. Sein regulatorischer Ursprung liegt in der EU-Ökodesign-Verordnung ESPR 2024/1781) [1], die ab  schrittweise für nahezu alle in der EU gehandelten Produkte
gilt. 

Für viele mittelständische Unternehmen klingt das nach ferner Zukunftsmusik, doch die ersten Takte spielen bereits. Ab Februar 2027 wird der Batteriepass schrittweise zur Pflicht – und damit beginnt eine neue Ära der Produkttransparenz.
 
„Braucht unsere Batterie wirklich einen Reisepass?", fragt der Produktionsleiter skeptisch. „Früher hat sie gereicht, wenn sie geladen hat." Der Digitale Produktpass lächelt diplomatisch und deutet auf die EU-Batterieverordnung: „Reparieren, recyceln, Ressourcen schonen – die Kreislaufwirtschaft beginnt mit Transparenz." Doch was bedeutet das konkret für Sie? Ist das nur eine weitere bürokratische Hürde aus Brüssel oder eine echte Chance für den deutschen Mittelstand? Und wie schützen Sie dabei Ihre Geschäftsgeheimnisse?
 
Eine aktuelle Unternehmensbefragung des Umweltbundesamts und der Bundesnetzagentur [12] zeigt: Derzeit teilen nur etwa 5 Prozent der deutschen Unternehmen umweltbezogene Daten entlang der Wertschöpfungskette. Gleichzeitig erwarten etwa 40 Prozent eine Erhöhung des Bürokratieaufwands durch den DPP. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Unternehmen, die den DPP bereits kennen, sind deutlich optimistischer und erwarten dreimal häufiger einen Rückgang des Bürokratieaufwands [12].
 
In diesem Beitrag bringen wir Licht ins Dunkel des Begriffsdschungels um den Digitalen Produktpass, die Verwaltungsschale (AAS) und den Digitalen Zwilling – und zeigen Ihnen, wie Sie diese Instrumente als strategischen Vorteil nutzen können, ohne Ihre sensiblen Daten preiszugeben.

Drei Begriffe, ein Ziel: Die digitale Zukunft der Produktion

Die Begriffe DPP, AAS und Digitaler Zwilling werden oft in einem Atemzug genannt, aber selten klar voneinander abgegrenzt. Stellen wir uns die drei als Team vor, das die digitale Transformation Ihrer Produkte und Prozesse vorantreibt. Wichtig dabei: Die Asset Administration Shell (AAS) ist seit 2023 in der internationalen Norm IEC 63278-1 [2] formalisiert und bildet damit eine standardisierte Grundlage für die Industrie 4.0.
(German)
 
 
In der Praxis überschneiden sich AAS und Digitaler Zwilling oft funktional: Die AAS ist primär ein Datencontainer mit standardisierter Struktur, während der Digitale Zwilling ein Simulations- oder Analysemodell darstellt, das diese Daten nutzt und anreichert [3].
 

Der Digitale Produktpass (DPP): Mehr als nur ein QR-Code

Der DPP ist, wie von der Bundesregierung [4] und der IHK [5] beschrieben, ein strukturierter Datensatz, der alle relevanten Informationen über ein Produkt über dessen gesamten Lebenszyklus enthält. Von der Materialzusammensetzung über den CO₂-Fußabdruck bis hin zu Reparatur- und Entsorgungshinweisen – der DPP macht Produkte transparent und nachverfolgbar. Dies ist kein Selbstzweck, sondern eine direkte Antwort auf die Forderungen des European Green Deal nach mehr Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.
 
Die technische Grundlage des DPP wird in delegierten Rechtsakten zur Ökodesign-Verordnung (ESPR 2024/1781) definiert, die zwischen 2025 und 2027 schrittweise veröffentlicht werden [1]. Das bedeutet: Die konkreten Datenanforderungen für verschiedene Produktkategorien werden erst nach und nach präzisiert. Artikel 10 der ESPR stellt dabei sicher, dass Produktpässe interoperabel und maschinenlesbar bereitgestellt werden müssen – eine zentrale Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Kreislaufwirtschaft [1].
 
„Der Digitale Produktpass ist ein Datensatz, der die Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen oder auch Informationen zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung für ein Produkt zusammenfasst." – Bundesumweltministerium [4]
Für Unternehmen bedeutet dies zunächst einen erheblichen Dokumentationsaufwand. Doch die IHK Schwaben betont auch die Chancen: „Die erhöhte Transparenz durch den DPP erleichtert das Recycling, unterstützt die Idee der Kreislaufwirtschaft und bekämpft den illegalen Abfallhandel." [5] Die UBA-Befragung zeigt zudem: Etwa 25 Prozent der Unternehmen sehen im DPP das Potenzial für ökologisch nachhaltigere Entscheidungen und eine umweltschonendere Produktgestaltung [12].
 

Die Verwaltungsschale (AAS): Das gemeinsame Vokabular

Damit der DPP nicht zu einem digitalen Datengrab wird, braucht es eine einheitliche Struktur. Hier kommt die Verwaltungsschale (Asset Administration Shell, AAS) ins Spiel. Als Kernstück der Plattform Industrie 4.0 [6] liefert die AAS ein standardisiertes Metamodell, um die Daten von „Assets" (also Maschinen, Produkten oder Komponenten) einheitlich zu beschreiben. Sie ist der Übersetzer zwischen den verschiedenen IT-Systemen in Ihrem Unternehmen (ERP, MES, PLM) und denen Ihrer Partner und Kunden.
 
Die AAS sorgt dafür, dass alle die gleiche Sprache sprechen. Sie ist die technische Grundlage, um die Daten für den DPP interoperabel bereitzustellen und auszutauschen. Wichtig zu verstehen: Die AAS selbst regelt keine Zugriffsrechte direkt, sondern unterstützt ABAC-Konzepte (Attribute-Based Access Control) über ihre Schnittstellen. Die konkrete Implementierung von Zugriffsrechten bleibt eine Aufgabe der jeweiligen Systemarchitektur, nicht Teil des AAS-Kerns [6].
 

Der Digitale Zwilling (DZ): Das operative Gehirn

Während der DPP und die AAS vor allem auf die Bereitstellung von (eher statischen) Informationen abzielen, ist der Digitale Zwilling die dynamische Komponente im Trio. Er ist ein realitätsgetreues, digitales Abbild eines physischen Objekts oder Prozesses, das mit Echtzeitdaten gefüttert wird. Der DZ ermöglicht es, den Zustand einer Batterie zu überwachen, ihr Verhalten zu simulieren und vorausschauende Wartung zu planen. Er ist das operative Herzstück, das Effizienz steigert und Kosten senkt.
 
Wichtiger Hinweis: Der Digitale Zwilling ist nicht zwingend Bestandteil der EU-Anforderungen, sondern ein ergänzendes Unternehmenswerkzeug, das über die regulatorischen Mindestanforderungen hinausgeht [7]. Während der DPP Compliance sichert, schafft der Digitale Zwilling operativen Mehrwert. Er kann jedoch über AAS-Submodelle technisch integriert werden, wenn Unternehmen dies wünschen – die Architektur ist dafür ausgelegt.
 

Das Zusammenspiel: Komplementär statt konkurrierend

Die Stärke dieser drei Konzepte liegt in ihrem Zusammenspiel. Der Merksatz lautet:
Die Verwaltungsschale (AAS) ist die standardisierte „Ordnung & Sprache", der Digitale Produktpass (DPP) die „offizielle Auskunft" und der Digitale Zwilling (DZ) die „gelebte Dynamik".
 
Die AAS liefert die Struktur und Semantik für die Daten und definiert, wer welche Informationen sehen darf. Der DPP nutzt einen kuratierten Teil dieser Daten, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und Transparenz nach außen zu schaffen – ohne Betriebsgeheimnisse preiszugeben. Der Digitale Zwilling nutzt die Daten aus der AAS und reichert sie mit Echtzeit-Informationen an, um den Betrieb zu optimieren. Die Erkenntnisse aus dem DZ können wiederum in die AAS zurückfließen und so den DPP mit wertvollen, aber freigegebenen Nutzungsdaten anreichern.
 

Der Batteriepass: Vorreiter und Praxisbeispiel

Während viele Unternehmen den DPP noch als Zukunftsthema betrachten, ist er für die Batteriebranche bereits Gegenwart. Die EU-Batterieverordnung (2023/1542) [8] macht den Batteriepass zum ersten konkreten Anwendungsfall des Digitalen Produktpasses. Präzise formuliert: Der Batteriepass wird ab Februar 2027 schrittweise verpflichtend für bestimmte Batterietypen. Die genauen Datenanforderungen werden in delegierten Rechtsakten konkretisiert, die derzeit noch in Arbeit sind [8].
 
Zeitplan für den Batteriepass:
  • 18. Februar 2024: EU-Batterieverordnung tritt in Kraft
  • 18. August 2025: Koexistenz mit der alten Batterierichtlinie (2006/66/EC) endet
  • Februar 2027: Batteriepass wird schrittweise für bestimmte Batterietypen verpflichtend
  • Laufend ab 2027: Weitere Datenanforderungen werden durch delegierte Rechtsakte präzisiert
Betroffene Batterien:
  • Alle Industriebatterien > 2 kWh
  • Alle Traktionsbatterien (Elektrofahrzeuge)
  • LMT-Batterien (Light Means of Transport – E-Bikes, E-Scooter)
Jede Batterie muss dann über einen QR-Code verfügen, der Zugang zu umfassenden Informationen bietet: Hersteller, Kapazität, gefährliche Substanzen, CO₂-Fußabdruck, Recycling-Hinweise und Nachhaltigkeitsperformance. Für Hersteller von E-Bikes, Elektrofahrzeugen, Energiespeichern oder Industrieanlagen ist die Zeit zum Handeln jetzt.
 

Track and Trace: Die unsichtbare Ader der Transparenz

Ein entscheidender Aspekt, der alle drei Konzepte durchzieht, ist Track and Trace. Die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Produkten und Komponenten entlang der gesamten Lieferkette ist die Grundlage für einen funktionierenden DPP. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hat die Anforderungen an die Transparenz in der Supply Chain bereits deutlich erhöht. Track-and-Trace-Systeme liefern die notwendigen Daten, um die Herkunft von Materialien nachzuweisen und die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zu dokumentieren – alles Informationen, die im DPP abgebildet werden müssen.
 
Track & Trace ist auch für ESPR-relevante Produkte vorgesehen und wird in verschiedenen Pilotprojekten erprobt. Technologien wie RFID oder Blockchain sind dabei optional, haben sich aber in der Praxis als besonders robust und manipulationssicher erwiesen [9]. Sie sind das Bindeglied zwischen physischem Produkt und digitalem Pass.
 
Die Gretchenfrage: Datenschutz und Geschäftsgeheimnisse
„Wenn wir alle Daten offenlegen müssen, geben wir dann nicht unsere Wettbewerbsvorteile preis?" Diese Sorge hören wir in jedem Beratungsgespräch – und sie ist berechtigt. Die UBA-Befragung zeigt: Etwa 25 Prozent der Unternehmen befürchten Sicherheitslücken durch den DPP, und etwa die Hälfte erwartet einen hohen finanziellen Aufwand [12].
 
Die gute Nachricht: Der DPP verlangt nicht die Offenlegung aller Daten. Die Plattform Industrie 4.0 betont in ihrem Positionspapier zu Datenräumen das Spannungsfeld zwischen Transparenz und Geheimnisschutz:
 
„Digitale Produktpässe können in Teilen öffentlich zugänglich sein, während geistiges Eigentum (IP) oder Verschleißdaten strikteren Schutz benötigen."
Die rechtliche Basis für den Schutz sensibler Informationen bleibt das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) [10], das mit den EU-Anforderungen harmonisiert werden muss. Unternehmen haben das Recht und die Pflicht, ihre Geschäftsgeheimnisse zu schützen – auch im Kontext des DPP.
 

Das Prinzip der gestaffelten Zugriffsrechte

Die Lösung liegt in einem intelligenten Zugriffsrechte-Konzept, das in der AAS-Architektur technisch umgesetzt wird:
 
(German)-1
Praktisches Beispiel Batterie:
 
  • Öffentlich: „Diese Batterie enthält 15 kg Lithium, hat einen CO₂-Fußabdruck von 85 kg CO₂e/kWh und kann zu 95% recycelt werden (Zielwert laut EU-Kreislaufwirtschaftsstrategie; derzeit in Pilotprojekten noch niedriger)."
  • Vertraulich: „Die Kathode besteht aus einer proprietären NMC811-Mischung mit optimierter Dotierung. Lieferant: [Name nur für autorisierte Partner sichtbar]."
  • Intern: „Die Batterie hat 1.247 Ladezyklen durchlaufen, die Kapazität liegt bei 87% des Nominalwerts, voraussichtliche Restlebensdauer: 3,2 Jahre."

Technische Absicherung

Die AAS-Schnittstellen unterstützen ABAC-Konzepte (Attribute-Based Access Control), die eine feingliedrige Steuerung von Zugriffsrechten ermöglichen. Jedes Submodell in der AAS kann mit Zugriffsattributen versehen werden. Zusätzlich sorgen Signaturen und Versionierung für Datenintegrität und Nachweisbarkeit. Der DPP greift nur auf die freigegebenen, öffentlichen Submodelle zu – Ihre Betriebsgeheimnisse bleiben geschützt.

Der Fahrplan für den Mittelstand: Pragmatisch starten

Die Einführung von DPP, AAS und DZ muss kein unüberwindbares Mammutprojekt sein. Ein pragmatischer Ansatz ist entscheidend. Die UBA-Befragung zeigt: Unternehmen, die sich bereits intensiv mit dem DPP auseinandergesetzt haben, sind deutlich optimistischer und sehen mehr Vorteile [12]. Wissen ist also der Schlüssel.
 
Phase 1: Bewusstsein schaffen und Strategie klären (jetzt – Q2/2025)
Machen Sie das Thema zur Chefsache und informieren Sie sich über die konkreten Anforderungen für Ihre Branche. Die ersten Produktkategorien, die ab 2027 betroffen sein werden, sind Batterien, Textilien und Elektronik. Prüfen Sie, ob Ihre Produkte in diese Kategorien fallen.
Strategische Entscheidung: Prüfen Sie, ob Sie die DPP-Infrastruktur intern aufbauen oder externe DPP-Dienstleister (DPP-as-a-Service) einbeziehen wollen. Die ESPR erlaubt ausdrücklich die Nutzung von Service-Providern (Artikel 32) [1], was besonders für KMU eine pragmatische Option sein kann.
 

Phase 2: ID-Strategie entwickeln (Q2-Q3/2025)

Eine eindeutige und konsistente Identifikation Ihrer Produkte und Komponenten ist die Basis für alles Weitere. Legen Sie fest, wie Sie Produktmodelle, Serien, Chargen und Einzelobjekte identifizieren. Nutzen Sie standardisierte Identifikatoren (URN, UUID, GTIN).
 

Phase 3: AAS als Rückgrat etablieren (Q3/2025 – Q4/2025)

Beginnen Sie mit einem Kernset von 3-5 Submodellen der Verwaltungsschale:
  • Identität/Nameplate: Grunddaten des Produkts
  • Bill of Materials (BoM): Materialzusammensetzung
  • Sustainability: Nachhaltigkeitskennzahlen
  • Maintenance: Wartungsinformationen
  • Documentation: Technische Dokumentation

Definieren Sie für jedes Submodell klare Verantwortlichkeiten und Zugriffsrechte. Nutzen Sie dabei die Submodel Templates der Industrial Digital Twin Association (IDTA) [3], die standardisierte Vorlagen für häufige Anwendungsfälle bieten.

Phase 4: DPP-Pilotprojekt starten (Q1/2026 – Q3/2026)

Wählen Sie eine Produktlinie aus und definieren Sie, welche Daten Sie im DPP veröffentlichen müssen und wollen. Implementieren Sie den QR-Code-Zugang und testen Sie die Publikations-Pipeline. Achten Sie dabei besonders auf die Freigabeprozesse für sensible Daten gemäß GeschGehG.
 

Phase 5: Digitalen Zwilling mit klarem Nutzen starten (ab 2027)

Suchen Sie sich einen konkreten Anwendungsfall mit messbarem Erfolg (z.B. die Reduzierung von Stillstandszeiten einer kritischen Maschine oder die Optimierung der Batterieladestrategie). Der Digitale Zwilling sollte konkrete KPIs verbessern – etwa OEE (Overall Equipment Effectiveness) um 2 Prozentpunkte steigern oder die Wartungskosten um 15% senken.
 

Phase 6: Closed Loop etablieren und skalieren (ab 2027)

Schaffen Sie einen geschlossenen Regelkreis: Erkenntnisse aus dem Digitalen Zwilling fließen als aggregierte, freigegebene Kennzahlen zurück in die AAS und von dort in den DPP. So entsteht ein lernendes System, das sowohl Compliance als auch operative Exzellenz ermöglicht.
 

Anti-Patterns: Diese Fehler sollten Sie vermeiden

Aus unserer Beratungspraxis kennen wir typische Stolpersteine:
  • DPP als Datensilo: Ohne Anbindung an die AAS entsteht ein „PDF mit QR-Code" – statisch, nicht interoperabel, nicht zukunftsfähig. Lösung: Koppeln Sie den DPP von Anfang an an AAS-Submodelle.
  • Datenverwechslung: Betriebsgeheimnisse landen versehentlich im öffentlich zugänglichen DPP. Lösung: Etablieren Sie einen klaren Freigabeprozess und eine Publikations-Policy. Nutzen Sie die Zugriffsrechte-Mechanismen der AAS-Schnittstellen konsequent. Dokumentieren Sie, welche Daten unter das GeschGehG fallen.
  • ID-Chaos: Produkt-, Serien- und Einzel-Asset-IDs sind inkonsistent, verschiedene Systeme nutzen unterschiedliche Identifikatoren. Lösung: Entwickeln Sie eine zentrale ID-Strategie, bevor Sie mit der Implementierung beginnen.
  • Zwilling ohne Nutzenhypothese: Telemetrie sammeln ohne klaren Entscheidungspfad. Lösung: Definieren Sie konkrete KPIs und Use Cases, bevor Sie in die Infrastruktur investieren.
  • Vendor Lock-in: Abhängigkeit von proprietären DPP-Plattformen. Lösung: Achten Sie auf offene Standards (AAS, IDTA-Submodelle) und Interoperabilität mit Initiativen wie Gaia-X [11].
 

Fazit: Vom Pflichtprogramm zur Kür – und zum Geschäftsmodell

Der Digitale Produktpass und seine technologischen Wegbereiter sind weit mehr als eine regulatorische Pflicht. Sie sind der Schlüssel zu effizienteren Prozessen, neuen Geschäftsmodellen und einer nachhaltigeren Wirtschaft. Unternehmen, die sich jetzt auf den Weg machen, werden nicht nur die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.
 
Die UBA-Befragung zeigt deutlich: Wissen macht den Unterschied. Unternehmen, die den DPP bereits kennen, sehen deutlich mehr Chancen und erwarten dreimal häufiger einen Rückgang des Bürokratieaufwands [12]. Anders formuliert: Drei von vier Unternehmen mit DPP-Erfahrung sehen Chancen statt Belastung – Wissen ist der entscheidende Erfolgsfaktor. Die größte Hürde ist also nicht die Technologie, sondern die Informationslücke.
 
Mittelfristig unterstützt der DPP neue Geschäftsmodelle wie Product-as-a-Service oder Circular Economy-Ansätze. Wenn Sie den Lebenszyklus Ihrer Produkte lückenlos dokumentieren können, eröffnen sich Möglichkeiten für Leasing-, Rücknahme- und Refurbishment-Modelle. Die Kompatibilität mit Industrieinitiativen wie Gaia-X [11] stellt sicher, dass Ihre Daten in interoperablen, souveränen Datenräumen nutzbar bleiben.
 
Der Produktionsleiter aus unserer Eingangsgeschichte mag skeptisch sein, ob seine Batterie einen Reisepass braucht. Aber wenn dieser Pass ihm hilft, Materialkosten zu sparen, Kundenanforderungen zu erfüllen, neue Serviceangebote zu entwickeln und dabei seine Geschäftsgeheimnisse zu schützen, wird er schnell zum unverzichtbaren Werkzeug in seinem digitalen Werkzeugkoffer.
 
Die Uhr tickt: Bis Februar 2027 sind es nur noch zwei Jahre. Wer jetzt startet, hat einen Vorsprung. Wer wartet, wird unter Zeitdruck geraten.
Sind Sie bereit für die digitale Zukunft Ihrer Produkte? Pixelmechanics begleitet Sie auf diesem Weg – von der Strategie über die Datenschutz-Konzeption bis zur Implementierung. Sprechen Sie uns an!
 

Quellen

[1] Europäische Kommission (2024): Regulation (EU) 2024/1781 – Ecodesign for Sustainable Products Regulation (ESPR).
[2] IEC 63278-1 (2023): Asset Administration Shell for Industrial Applications – Part 1: Administration Shell Structure. International Electrotechnical Commission.
[3] Industrial Digital Twin Association (IDTA) (2024): Submodel Templates.
[4] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): Was ist ein digitaler Produktpass?
[6] Plattform Industrie 4.0 (2024): Details of the Asset Administration Shell – Part 1.
[7] Fraunhofer IESE (2025): Digitaler Produktpass: Einordnung und Beispiele.
[8] Europäische Union (2023): Regulation (EU) 2023/1542 – Battery Regulation.
[9] Umweltbundesamt (2025): Produktinformation 4.0 – Digitale Nachverfolgbarkeit in der Kreislaufwirtschaft.
[10] Bundesregierung: Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG).
[11] Gaia-X Association for Data and Cloud AISBL (2025): Position Paper: Interoperable Product Data Spaces.
[12] Umweltbundesamt & Bundesnetzagentur (2025): Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der unternehmerischen Praxis – Ergebnisse einer Unternehmensbefragung. Stand: 1. Juni 2025.

 

 

Tags: Integration, B2B